Archiv für die Kategorie Reisetagebücher

Ach, ja wir waren in Hamburg. Für 36 Stunden. Kennen jetzt den Damenlikörchor. Die Söhne Hamburgs kennen wir schon länger.

„Immer noch einen Joker im Ärmel haben.“ So gewinnt man als Reiseleiter die Herzen seiner Begleiterinnen. Und keine Fehler machen so wie in Verona, wo ich nicht wusste, dass man nur mit Kassenquittungscode auf die Toiletten amerikanischer Systemgastronomie kommt und ansonsten wie Hunde verjagt wird.

Den ersten Joker des Tages hat mir Martin gesteckt: Guglhof Edelbrände aus Salzburg. Ellen will eigentlich gar nicht probieren, ich fahre, dennoch werden wir von Herrn Vogl Junior in seinem angenehmen Verkaufsraum in Hallein eindrucksvoll überzeugt. So wird meine Einkaufsliste für Martin noch durch einen Gin und einen Traminerbrand für uns erweitert, auch das passende Glas muss erworben werden.

Der nächste Joker sticht auf Schloss Herrenchiemsee, dem letzten der drei Schlösser, die der Bayerische König Ludwig II. in Auftrag gegeben hat. Die Umstände seines Todes seien noch immer ungeklärt, meint die nette Dame, die uns durch Klein-Versailles führt. Sehr schöner Zwischenstopp, auch die kurze Bootsfahrt zur und von der Insel sind eine Abwechslung.

Schnell noch zwei T-Shirts für den daheim gebliebenen Sohn bei Chiemsee im Outlet kaufen, dann auf die Autobahn in das Hotel bei München, Sightseeing mit Ö durch die Stadt, die Nymphenburg en passant, Parkplatzsuche am Hirschgarten und dann ab in den Biergarten. Ein Maß, ein Hendl, was will ich mehr am Ende meiner Reise!

Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung. Konnte endlich meine E-Mails lesen, war aber nichts Wichtiges dabei. Auch das Internet bietet wenig Neues, außer Pokalspielniederlagen. Meine Familie duscht sich, danach gehen wir im Hotel zum Frühstücksbuffet. Und dann in die Stadt. Ich suche verzweifelt meine Kreditkarten, sperre dann eine per Telefon, diese wird im Hotelzimmer quasi gleichzeitig gefunden, die andere Karte – so erinnere ich mich plötzlich – muss Ö haben, Scheiß bezahlte Mautgebühren am Brenner…

Jetzt aber los, die Stadt liegt in der Sonne, erst auf den Mönchsberg, dann über die Brücke zum Festspielhaus, Dom und dann mit der Seilbahn auf die Festung Hohensalzburg, die wir per ansprechender Audioführung  entdecken. Ein Bier, ein Eis, ein Eiskaffee. Hier ein Foto, da ein Foto für  unsere Grayffiti – Sammlung. Sogar Stephan Balkenhol durfte einer seiner Skulpturen in der Stadt aufstellen. Mann auf Mozartkugel heißt sie.

So vergeht der Tag im Flug. In der Nähe unseres Hotels haben wir ein netten Italienisches Restaurant entdeckt, wo wir abschließend speisen. Stadtbesichtigungen machen müde.

Wir verlassen Südtirol in Richtung Norden, schon fängt es wieder an zu regnen. In Kufstein kaufen wir bei Riedel sti(e)llose Weingläser, essen unsere belegten Brote, dann geht es vorbei am Wilden Kaiser (so sagen es die Hinweisschilder, wir sehen nichts außer tief hängende Wolken, die sich ausregnen) bis zum Dokumentationszentrum Obersalzberg bei Berchtesgarden.

Von der Bergkulisse sehen wir noch immer wenig, auch der Watzmann versteckt sich wie die Zugspitze. Daher fahren wir auch nicht mit dem Bus zum Kehlsteinhaus, sondern besuchen nur die Dauerausstellung und lernen so einen weiteren Mosaikstein der Deutschen Geschichte kennen. Wiebke ist noch zu jung für Teile der Ausstellung, die wie folgt beschrieben wird:

„Der Obersalzberg, seit 1923 Hitlers Feriendomizil, wurde nach 1933 zum zweiten Regierungssitz neben Berlin ausgebaut. Im Unterschied zu allen anderen vergleichbaren Einrichtungen (KZ-Gedenkstätten, Holocaust-Museen, NS-Dokumentationszentren) und temporären NS-Ausstellungen beschränkt sich die Dokumentation daher nicht auf die Ortsgeschichte und auf Ausschnitte der historischen Wirklichkeit, sondern verbindet die Geschichte des Obersalzbergs mit einer Darstellung der zentralen Erscheinungsformen der nationalsozialistischen Diktatur.“

Gegen 16:00 Uhr  erreichen wir dann Salzburg. Wir erholen uns ein wenig von der Fahrt bevor wir in die Fußgängerzonen der Stadt gehen. Salzburg gefällt. Festspielkarten wären auch jetzt schön, aber daran hatte ich bei der Planung der Reise nicht gedacht. So muss Jedermann auf uns warten, schade denn Ben Becker als Tod hätte ich gerne gesehen.

Dafür höre ich einen Straßenmusiker, der Jimmy Jazz von The Clash spielt. Indisches Abendessen, Außenbesichtigungen von Geburts-und Wohnhaus Mozarts, dem Tourismusmagnet der Stadt.

Eine (Mozart-)Kugel geben wir uns nicht.

„Später stiegen sie zwischen Himbeersträuchern und gaukelnden Schmetterlingen zum Eibsee hinunter. Kuhglocken läuteten den Nachmittag ein. Die Zugspitzbahn sahen sie in den Himmel kriechen. Der See lag winzig im Talkessel. „Als ob der liebe Gott bloß mal so hingespuckt hätte“, sagte Luise versonnen.“ (Aus: Erich Kästner, Das doppelte Lottchen (Hamburg 1985) S. 100ff)

Nebel auf der Zugspitze. So vergeht heute auch die dritte und letzte Option auf das Dach Deutschlands zu fahren. So bleiben wir Tal und umwandern den Eibsee unterhalb des Berges. Es gelingen ein paar schöne Landschaftsfotos, wenn wir die Regenschirme zusammenklappen können und die Sonne zwischen den Wolken hervorscheint. Immerwährende Blicke zum imaginären Gipfel. Nach der Wanderung gönnen wir uns Brötchen und Eis in Grainau, dann fahren wir zum alten Olympiastadion nach Garmisch-Patenkirchen und blicken die Schanzen hinauf.

[nggallery id=6]

Naturschauspiel am Ende des Tages: Der Partnachklamm. Begeistert ist Wiebke vom herabströmenden Wasser in der Klamm, es rauscht, spritzt und zischt. Ja, in Deutschland muss man für Natur Eintritt zahlen. Aber, die Kurkarte rabettiert und wir zahlen für das Parken ausnahmsweise mal nichts.

Das Hotelrestaurant ist ansprechend: Kalbsfilets, Kesselgoulasch und Salat. Als Nachspeise Kaiserschmarrn und frisch zubereitete Bayrisch Creme.

Schloss Linderhof ist eine Reise wert. Nicht nur, weil sich die Sonne zeitweise zeigt, gefällt es uns hier besser als vortags in Neuschwanstein. Und die Parkgebühren betragen hier nur 2,50 Euro, also halb so viel.

Wir lassen uns durch das Schloß führen und lernen, dass Ludwig II. zweites Schloss nicht Richard Wagner, sondern Ludwig IVX. aus Frankreich gewidmet ist. Ein kleines Versailles im Inneren, prächtg! Sehr schön auch die Parkanlagen, die in die Berglandschaft eingebettet sind.

Ein technischer Höhepunkt ist die Venusgrotte im Schlosspark, die trotz Restaurierungsarbeiten ein Besuch wert ist. Das Wasser in der künstlichen  Grotte kann beheizt werden, es gibt elektrisches Licht, welches die Grotte in unterschiedliche Farben tauchen läßt. Musik von Richard Wagner ertönt. Verrückt.

Im Schloßpark fotografiere ich noch die anderen Gebäude wie den Maurischen Kiosk oder die Hundinghütte, die wie die Hütte aus der Oper „Walküre“ aus dem „Ring des Nibelungen“ gestaltet ist.

[nggallery id=5]

Während unserer Brotzeit in Ettal (Benedektinerkloster nebst Brauhaus, Eliteinternat, das auch in den Schlagzeilen war) fängt es an zu regnen, der Urlaubstag endet notgedrungen im Hotel.

Es regnet.

Wie im ganzen Land.

So auch auf dem Parkplatz am Fuße des Berges auf dem Schloss Neuschwanstein erbaut wurde. Vom König Ludwig II. von Bayern, die Arbeiter bleiben auch im Jahre 2011 von der Rundgangleiterin unerwähnt. Es gibt ja auch keine lesenden Arbeiter mehr, nur Touristen aus aller Welt die im Dreiminutentakt von ihr durch die Räume gehetzt werden. „Hier endet meine Führung, sie können sich die ehemalige Küche, das Café und den Raum, der jetzt unseren Souvenirladen beherbergt alleine anschauen.“  Zwischen dem Kartenkauf und der Führung lagen übrigens drei Stunden, wobei ich noch Glück hatte, dass ich nich über eine Stunde Schlange am Kartenschalter stand. Hatte uns ja die Jahreskarte besorgt und dreist am leeren Schalter für Reiseleiter die Tickets erschlichen.

Dann fahren wir in unser Hotel in Garmisch-Patenkirchen und lassen den Abend bayrisch im Gasthof Fraundorfer ausklingen.

[nggallery id=4]

Letzter Feinschliff an dem Urlaubsplan Sommer 2011. Hotels und Ferienwohnung sind seit November gebucht, nun werden Tische reserviert, Besichtigungen arrangiert und wird gehofft, dass das Wetter mitspielt. Der immerwiederkehrende Stress eines Reiseleiters. Muss noch einen guten alten Straßenatlas kaufen. Navigation sucks.

Eine Langnese Eiswaffel in der Hand, wir sitzen an der Elbe. So muss ein Kurzurlaub in Hamburg enden.

Die Frage, wann dann nun Ellens Geburtstagsfeier anfangen sollte, wird uns noch in Jahren beschäftigen. Am Ende sind dann Freunde und Familie zusammen und feiern im Atlas bis zum frühen Morgen.