Die Gläubigen haben Audienz beim Papst. Wir Ungläubigen glauben nicht, was wir erleben. Eine Menschenschlage umkreist nahezu die gesamte Piazza San Pietro, über zwei Leinwände spricht Benedikt XIV seine Botschaft in unterschiedlichen Sprachen. Die Kinder stromern über den Platz, schauen sich die schöne Krippe an, Frank fotografiert, Ellen Conni und ich reihen uns ein. Wieder einmal sind die Sicherheitskontrollen Ursache für das Warten auf Einlass in den Petersdom. Aber, es geht zügig. Wir betreten – nachdem die überzeugende Kachelabteilung besucht wurde – den überfüllten Dom.

Menschen stehen auf Plastikstühlen und ragen ihre Fotohandys und Digitalkameras in den Himmel. Einige richten ihre Linsen auf eine mit einem großen Kreuz verzierte Tür, rechts vom Eingang. „Ah, die wissen Bescheid, durch diese Tür wird er kommen.“ Frank präpariert seine Kamera, Zoomobjektiv, Blitzgerät. Er ist bereit zum Auslösen. Ich nehme Wiebke auf den Arm. Wir warten, wir warten.

Unsere Blicke schweifen derweil durch das Gotteshaus. Unvorstellbare Schönheit, unvorstellbarer Glanz. „Pures Gold“, erklärt Ellen den Kindern. „Eine Besichtigung ist jetzt unmöglich“, sagt Conni. „Machen wir, wenn der Zirkus hier vorbei ist“, sage ich. „Blasphemie!“ wird erwidert. „Sorry, war nicht so gemeint.“

Plötzlich geht das Licht an. Ein Raunen geht umher. Die Auslöser werden gedrückt, Blitze erleuchten, „Benedotto, Benedetto“ Chöre werden angestimmt.  „Wie bei Robbie“, denke ich. Fehlalarm.

Dann aber: Der Papa ist da, natürlich vor seinem Altar und nicht nahe der Heiligen Pforte am Ende des Mittelschiffes, wo wir stehen.

Wir drängeln uns durch die Mengen. Hendrik sieht auf einem Stuhl stehend sein Gesicht, ich sehe ihn von der Seite, weil ich es bis zum Querhaus schaffe, Conni schafft eine Filmsequenz mit ihrer Digiknips, der Haus- und Hoffotograf geht leer aus.

Nachdem der Zauber vorbei ist, versammeln wir uns per Mobiltelefon und wollen gerade mit der Besichtigungstour beginnen, da werden wir vom Wachpersonal höflich aus der Kirche hinauskomplimentiert. Die Putzkolonne rückt heran, die nächsten Besucher haben sich schon auf dem Domplatz in die Kette eingereiht.

Die Kapellen, die Kuppel und die Pietà Michelangelos bleiben demnach unbesehen. O.K., dann schreiben wir noch ein paar Postkarten aus dem Vatikan an die Lieben daheim, essen Kekse und setzen unseren Spaziergang durch Rom fort. Für die Museen ist auch keine Zeit mehr, morgen kommen wir wieder.

Wir machen schöne Bilder am Tiber beim Castel Sant‘ Angelo, überqueren den sandgelbfarbenen Fluss und schlendern durch die Gassen der Altstadt bis zur Piazza Navona, wo uns Gaukler, Pantomimen und andere Kleinkünster begrüßen. Ein Weihnachtsmarkt. Wir schnabulieren Pancetta auf Brot während wir das Treiben verfolgen und uns an der Architektur erfreuen. „Schmuckstück des Centro storico“ bewertet der Baedecker den Platz.

Über das nahegelegene Pantheon schreibt der Reiseführer, dass es „das besterhaltenste Bauwerk der römischen Antike“ sei, auf dem Campo de’Fiori sei Rom „nirgendwo so römisch“. Wir sehen das alles nur noch mit müden Augen, nicht nur die Kinder mit ihren sechs, zehn und elf Jahren wollen in das Hotel zurück.

So endet der Tag im Hotelrestaurant bei einem Vorspeisenteller, Pasta und Kurzgebratenem. Der Wein aus der Maremma ist gut.

Die Kinder schlafen schon, als wir vier bei einem Glas Grappa auf dem Zimmer den nächsten Tag planen.

Es können auch mehrere Gläser gewesen sein…

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